Belletristik

Zoran Drvenkar: Sorry

Es gibt Krimis die kann man nicht aus der Hand legen und sollte man auch nicht aus der Hand legen. „Sorry“ von Zoran Drvenkar“ gehört für mich unbedingt dazu. Auf der einen Seite steht ein Serienmörder mit einer Missbrauchserfahrung in der Kindheit auf der anderen Seite wechselnde Erzählperspektiven, die den Leser direkt ins Geschehen katapultieren.

„Sorry“ ist die Geschichte um vier junge Berliner Freunde: Frauke, Tamara und die Brüder Wolf und Kris. Nach dem Abitur sind sie beruflich irgendwie auf der Strecke geblieben bis sie eine Lücke im Trend der Zeit erkennen: Menschen fällt es schwer, sich zu entschuldigen. Der Arbeitgeber, der seinen Angestellten nach der Probezeit kündigt oder die Freundin, die eine Beziehung beendet. Oft laufen sie mit einem Unbehagen herum, von dem sie sich gern loskaufen würden. Die Agentur „Sorry“, die die vier Freunde gründen, will ihnen dabei helfen. Für schnödes Geld liefert sie Erklärung und Entschuldigung. Was skurril und aberwitzig klingt, führt die Freunde aber in eine Wohnung, in der eine Frau bestialisch an die Wand genagelt wurde. Bei ihr soll sich die Agentur entschuldigen und die Leiche entsorgen. Leser, die diesen Blutrausch überstanden haben, meinen, nun wird es schon nicht mehr so schlimm kommen. Doch Drvenkar treibt sein Spiel weiter. Die Vergangenheit des Mörders wird nach und nach aufgedeckt und die Freunde, die das Spiel annehmen, um den Mörder zu stellen, stellen fest, dass sie nicht einfach wieder aussteigen können.

Der in Kroatien geborene Zoran Drvenkar (1967) war in Deutschland überwiegend als origineller Kinder- und Jugendbuchautor bekannt, bevor er sich auch an die Großen wandte. Aber auch im Jugendbuchbereich fiel er bereits durch seine Sprache auf, die den Nerv der Leser trifft. Im Genre Krimi kann er diese Stärke bewusst ausleben. Doch gerade das Ende des Buches zeigt auch: Drvenkar will seine Leser nicht nur mit Nervenkitzel unterhalten. Er hinterfragt die Moral unserer Zeit, in der die persönlichsten Aufgaben delegiert werden können. „Sorry ist mit dem Friedrich-Glauser-Preis 2010 geehrt worden und sollte keinem Krimi-Leser entgehen. Von dort ist es nicht weit bis zu seinem nächsten Bestseller „Du“.