Günther Bloch / Elli H. Radinger: Affe trifft Wolf

Nach ihrem Erfolgsbuch aus dem Jahr 2010 legen Günther Block und Elli Radinger im Kosmos-Verlag einen weiteren Titel vor, der Hundehalter und -trainer ins Herz treffen wird: „Affe trifft Wolf – Dominieren statt kooperieren? Die Mensch-Hund-Beziehung“. Hundefreunde und vielleicht auch treue Leser der anerkannten Wolfsforscher haben es hier vielleicht etwas schwerer als im Vorläuferband sich einzulesen. Doch sind die ersten Seiten genommen, wird man auch dieses bereichernde Buch nicht so schnell aus der Hand legen.

Es ist ähnlich aufgebaut wie „Wölfisch für Hundehalter“. Zu unterschiedlichen Schwerpunkten schildern die Autoren ihre (und die anderer Wissenschaftler) Beobachtungen an Wölfen und Primaten. Davon abgeleitet werden Handlungshinweise für den artgerechten Umgang mit dem geliebten Vierbeiner im Haus und Training.

Ausgangspunkt der Betrachtungen ist das scheinbare Paradox: Unsere Vorfahren haben sich den Wolf zum Begleiter erwählt und nicht etwa den ihrer Sozialstruktur viel näheren Affen. Schimpansen sind Individualisten, im Umgang mit unseren Hunden, muss der Mensch erst lernen, Chefallüren abzulegen, „Geheimnisse“ zu teilen und zu kooperieren. Zwar ist auch das Wolfsrudel hierarchisch gegliedert, allerdings eher in Form familiärer Bande. Das Elternpaar übernimmt durch seine Erfahrungen die Verantwortung für den Nachwuchs, der sich entsprechend seines Alters ebenfalls um die nachrückenden Geschwister kümmert. Elterntiere und die wenigen rangniedrigsten Tiere bilden von der Menge her wenig ins Gewicht fallende „Randgruppen“, während die mittlere Position im Wolfsrudel entsprechend ihren Fähigkeiten unterschiedliche Aufgaben erfüllt und gleichberechtigt lebt oder abwandert.

Von den Erfahrungen der Domestikation unserer Hunde mischen sich Bloch und Radinger deutlich in die hundepolitischen Debatten der Zeit ein. Dazu gehört die abzulehnende Kampfhundeliste ebenso wie Rassestandards, die nur nach Aussehen und nicht nach Charakter selektieren oder Prüfungsordnungen für Hunde, in denen Zeigegesten unzulässige Hilfen darstellen. Weiter geht es mit Hinweisen zum Sinn des Markierverhaltens unserer Hunde und zur Diskussion Sofawolf oder nicht. Besonders lesenswert sind die ausführlichen Hinweise zur Charakterkunde. Dabei beschränken sich Bloch und Radinger auf einen extrovertierten (A) und introvertierten (B)-Grundcharakter des Hundes, der entsprechend ergänzt wird durch drei mögliche Positionen im Rudel: (geselliges Mittelmaß, Anführer, „Seelchen“). Ein ausführlich dargestelltes amerikanisches Modell versucht, den Hundehalter in 8 Typen zu klassifizieren (vom „Seelenverwandten“ über den „Freigeist“ bis zum „Experten“) und zu erläutern, welche Vor- und Nachteile der jeweilige Hundetyp ihm abverlangt.

Nach so viel geballtem Fachwissen gestatten beide Autoren einen Blick in ihren privaten Tagesablauf mit ihren Hunden Raissa, Timber (Bloch) und Shira (Radinger). Dieser Blick bestätigt alles zuvor dargestellte: Es braucht feste Grundstrukturen und flexibel handhabbare Grenzen.

„Affe trifft Wolf“ ist im Frühjahrsprogramm 2012 des Kosmos-Verlags für 19,99 Euro erschienen und überall im Buchhandel erhältlich.