Einen Gegentext schreiben

(c) Simone Hainz / pixelio.de

Wie es sich für ein interaktives Medium gehört, möchten wir euch auf unserer Seite nicht nur Texte von Klassikern oder von uns vorstellen, sondern euch auch selbst zum Schreiben verführen. Die Insider ahnen es schon: Kreative writing, zu deutsch: Kreatives Schreiben! Das heißt nun nicht, dass wir hinter jedem User einen Mörilke oder Benntano vermuten. Zwar hat das Kreative Schreiben einiges mit dem Geniekult gemeinsam, nach unserer Ansicht aber mehr das gesellige Moment, das in den Salons gepflegt wurde, in denen sich Heine & Co trafen. Man las und musizierte gemeinsam, inspirierte sich und war gespannt, was die anderen zum selben Thema zu sagen hatten. Einige Texte überdauerten, manches andere blieb zu Recht oder Unrecht unbekannt.

Deshalb bieten wir euch hier einige Schreibaufgaben an und wer sich daran schaffen möchte, darf auch gespannt sein, was bei den anderen hinter dem Vorhang passiert. Wir stellen die unserer Ansicht nach gelungensten Lösungen auf unserer Webseite vor. Deshalb die Bitte: es genügen kurze Texte. Wer aber dennoch einen Roman schreiben will und dafür den Nobelpreis erhält, der widme uns bitte ein Belegexemplar. Wir freuen uns!

Beim Lesen kann man sich für’s Schreiben schulen. Manchmal gefallen einem der Stil insgesamt, die Personenschilderung, die Dialoge so sehr, dass man beginnt einen Autor nachzuahmen.

Aber auch aus dem umgekehrten Weg lässt sich lernen. Der Schriftsteller Joseph O’Connor beschreibt einen seiner Lernprozesse wie folgt: “… und schrieb die Geschichte Wort für Wort ab ,… bloß um zu fühlen wie das war, solch schöne Sätze zu schreiben … Ich schrieb sie Woche für Woche ab. Und ich entdeckte, dass ich den Namen der Hauptfigur ändern konnte. In den nächsten drei Jahren änderte ich Namen, Ort, eine Zeile im Dialog oder eine Beschreibung, und jedes Mal wurde die Geschichte ein Prozent weniger McGahern und ein Prozent mehr O’Connor. Irgendwann kippte der Prozentsatz, es waren 51 Prozent ich und 49 Prozent McGahern, aber ich machte immer weiter …“ (Joseph O’Connor: „Bob Dylans Wunder“ in: “Mein erstes Buch“, hrsg. von Hans Jürgen Balmes, Fischer-tb, Frankfurt a.M. 2002; S. 57)

Aufgabe: Sucht euch eine Kurzgeschichte und nehmt euch Zeit, sie gründlich zu lesen und euch in sie hinein zu versetzen!

Überlegt, als wolltet Ihr ein Gericht verfeinern, welches Element Ihr zuerst in welche Richtung verändern wollt und was mit diesem Element gemeinsam verändert werden muss.

Schreibt diese erste Veränderung auf und lasst sie auf euch wirken.

Überlegt nun neu, was ihr noch verändern könntet!

Schreibt die Geschichte wieder neu!

Wiederholt das, so lange ihr wollt. Wichtig ist, dass Ihr nach dem Schreiben immer etwas inne haltet und überlegt, welche Bedeutung die Veränderung für euch und für die Geschichte hatte. So könnt Ihr euren Weg des Schreibens verfolgen.
Vorsicht!!! Der Computer bietet sich für eine solche Aufgabe geradezu an.

Aber vielleicht solltet Ihr ihn erst später einsetzen. Der Klang der Sätze, der Zusammenhang winziger Dialogelemente u.ä. wird nur deutlich, wenn man langsam schreibt wie mit der Hand!

Anregung:
Wer keinen kurzen Text zur Hand hat, kann eine der genannten Kurzgeschichten verwenden.

Siegfried Lenz: „Eine Liebesgeschichte“ in „S.L. „So zärtlich war Suleiken“, Hamburg 1955
Eine humorvolle Erzählung, bei der ein sehr langsames und ein sehr schnelles Tempo eine große Rolle spielen, und die schon darauf wartet, durch Berliner Dialekt und Typen aufgemotzt zu werden

Wolfgang Borchert: „Die Küchenuhr“, u.a. in: Literarisches Schreiben, Bd. 8, Frankfurt a.M. 2000
Eine tragische Persönlichkeitsstudie aus der Kriegszeit, in der eine alte Küchenuhr zum Symbol wird.

Die besten Einsendungen stellen wir auf unserer Webseite ins Netz (wenn die Autoren nicht ausdrücklich etwas dagegen haben).

Eure Texte könnt ihr an das Schreibaufgaben-Mailfach oder an Bettina Haubold, Landréstraße 14, 12621 Berlin senden.