Belletristik

Oliver Teutsch: Die Akte Klabautermann

Anlässlich Falladas 75. Todestages am 5. Februar sind zwei Bücher erschienen, die sein letztes Jahr genau unter die Lupe nehmen. Im Aufbau-Verlag erschien „Falladas letzte Liebe“ und der Verlag dielmann gibt die „Akte Klabautermann“ heraus. Letzteres ist der Debütroman von Oliver Teutsch, der Redakteur bei der Frankfurter Rundschau ist und den zutiefst beeindruckte, dass Fallada sein letztes großes Werk „Jeder stirbt für sich allein“ zunächst vehement ablehnte, dann aber doch auf seinem Totenbett, innerhalb von 24 Tagen 550 Seiten schrieb. Die Veröffentlichung hat er leider nicht mehr erlebt. Fallada wurde von Johannes R. Becher, dem damaligen Präsidenten des Kulturbundes die Akte Klabautermann übergeben, es war eine Gestapo-Akte über ein Ehepaar im Widerstand gegen die Nazis. Dieses sollte der erste deutsche Nachkriegsroman werden, doch Fallada ist stark morphiumabhängig, wie schon früher muss er Entziehungskuren machen, deren Erfolg fragwürdig ist, solange er mit seiner letzten Frau Ulla zusammen ist. Doch Becher mag nicht das Vertrauen in ihn verlieren, zumal auch deutlich wird: Andere Schriftsteller sind nicht zur Hand. Einige haben sich im Exil das Leben genommen, andere kommen nicht zurück und wieder andere gehen in die von westlichen Mächten besetzten Zonen. Auch stellen Becher und Fallada fest, dass sie mehr gemeinsam haben, als ihnen lieb ist.

Es ist ein zutiefst menschliches Buch entstanden, dass sowohl einen Menschen zeigt, der versuchte während der Nazi-Zeit vor allem mit sich selber im Reinen zu sein. Kompromisse musste wohl jeder, der im Land blieb, eingehen. Er selber sah sich gern als „Menschensammler“ und als „unpolitischen Autor“, was es letzten Endes nicht geben konnte. Nach Niederschlagung des Nazi-Regimes wird im Roman deutlich, wie sehr die SBZ darauf setzte, Kultur zu schaffen, auch um die Nazipropaganda aus den Köpfen zu löschen. Man würde sich direkt ein weiteres Buch darüber wünschen, wie es in den westlichen Besatzungszonen darum bestellt war.

Oliver Teutsch nimmt sich die Zeit, seinen Protagonisten Fallada (und auch J.R. Becher) genaustens aufzubauen. Er lässt den Leser teilhaben an Falladas prekärer Wohnsituation, die sich erst verbessert, als er im Städtchen der ostdeutschen Politprominenz einquartiert wird. An Ullas Einkäufen und Schulden machen auf dem Schwarzmarkt und schließlich am Hoffen, auf die verschiedenen Ärzte. Vor diesem Hintergrund wird erst deutlich, was schließlich Fallada in seinen letzten Wochen geleistet hat.

„Die Akte Klabautermann“ (ISBN: 978-3-86638-344-9) liest sich auf den ersten Seiten gemächlich wie ein Falladaroman, um dann ein enormes Tempo anzunehmen, so dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag. Auf jeden Fall ist ein Buch entstanden, das mehr Lust macht, Falladas Leben und Werk nachzugehen und dass man auch mit Gewinn liest, wenn Fallada bisher nicht ganz oben auf der Liste der Lieblingsmenschen steht. Es ist für 20,00 Euro als Printausgabe und für 9,99 Euro als eBook erhältlich.

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