Belletristik

Maxim Leo: Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

Vielleicht mussten 30 Jahre verstreichen, dass man die Deutsche Geschichte mit zugleich solcher Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit erzählen kann wie im Roman „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“. Die Zeit der Videotheken geht endgültig zu Ende und Michael Hartung steht wieder einmal vor der Frage, was werden soll. Da bekommt er überraschend Besuch von Alex Landmann, einem Journalisten, der eine Massenflucht 1983 aus der DDR recherchiert. Damals legte der Eisenbahner Michael Hartung eine Weiche am Bahnhof Friedrichstraße um, die S-Bahnzüge in den Westen umleitete. Michael Hartung tat das nicht aus Überzeugung oder aus Widerstand heraus … er war einfach ein bisschen verpeilt. Aber das lässt sich ja vor dem Mauerfall nicht so einfach sagen. Also verschweigen sie es und rücken die Geschichte von der Flucht ins rechte Licht. Michael Hartung erhält dafür 2000 Euro und glaubt, damit hat sich die Sache erledigt. Aber über Nacht wird ein Held in ihm entdeckt. Immer mehr Leute wollen ihn in Talk Shows sehen, als Werbeträger … zum 9. November soll er gar eine Rede im Bundestag halten. Die kleine Wahrheit wird zur großen Lüge, wobei Michael gar nicht wohl ist. Vor allem nicht, weil er inzwischen Paula kennengelernt hat, die damals als 14Jährige versehentlich im S-Bahnzug saß und ungewollt im Westen landete und die seitdem die Züge, die über den Bahnhof Friedrichstraße fahren meidet aus Angst, noch einmal in einem falschen Leben zu landen.

Maxim Leo hat seine Kindheit und Jugend in der DDR verbracht, ist gelernter Chemielaborant, Politikwissenschaftler und Journalist. Seine ersten Bücher sind Drehbücher für den „Tatort“ und  zwei Brandenburger Regionalkrimis um Kommissar Voss. Aber die deutsche Geschichte hat ihn schon immer gefesselt. Für sein Buch „Haltet euer Herz bereit“ erhielt er 2011 den Europäischen Buchpreis und auch  in „Wo wir zu Hause sind“ geht er der deutschen Nachkriegsgeschichte nach.  Die Geschichte um den Held wider Willen, der am Ende kein Hochstapler sein will, wird vor allem viele Ost-Deutsche amüsieren. Sehr strukturiert führt er seine Protagonisten ein, so dass man sich voll und ganz auf die sich steigernde Handlung konzentrieren kann.

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ (ISBN: 978-3-462-00084-9) ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und kostet 22,70 Euro.

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