Marielle Seitz: Kirschkerne spucken bis zum Himmel
Obwohl die Eltern und die Tante deutsch sprechen, bekommt Marie zu Beginn der Geschichte nicht so richtig mit, wovon sie sprechen, wenn sie sagen: „Opa ist von uns gegangen“. Dabei gucken die Erwachsenen bedrückt, obwohl doch der Opa öfter irgendwohin gegangen ist.
Marie und ihr Opa haben sich gut verstanden. Sie waren fast jeden Tag zusammen und haben experimentiert mit Farben und Folien. Denn Opa Max war ein Künstler, der mit Marie viel ausprobierte. Und da die Erwachsenen im Moment keine Zeit für Marie haben, fährt sie zu Opa Max‘ Häuschen, in dem noch Kater Kasimir wohnt. Weil Opa Max in letzter Zeit oft krank war und keine Bilder malen konnte, will Marie nun ein paar Bilder auf durchsichtiger Folie malen und in den Kirschbaum hängen. Da leuchtet dann so schön das Wetter durch und verändert die Bilder je nach Stimmung. Im Haus findet Marie dann das letzte Bild von Opa Max. Es ist ihr und Kater Kasimir gewidmet.
Die Autorin Marielle Seitz hat mit anderen Pädagoginnen zusammen gearbeitet und 2013 mit über 1000 Kindern zwischen 3 und 10 Jahren ein künstlerisches Kinder-Trauerprojekt durchgeführt. Im Kösel Verlag ist dazu ein Buch mit Ergebnissen dieses Projekts erschienen: „Briefe, die zum Himmel fliegen“. Diese Erfahrungen fließen in ihr ernstes Buch „Kirschkerne spucken bis zum Himmel“ ein. In einem kurzen Anhang zeigt sie auch Fotos aus dem Projekt.
Marielle Setz erzählt die Geschichte der kleinen Marie ohne Pathos und einer sehr klaren Sprache. Sie zeigt sowohl die Ratlosigkeit und Gehetztheit der Erwachsenen, die „später“ mit Marie reden wollen und sie von allem ausschließen, was es derzeit zu erledigen gibt. Marie kennt das schon von anderen Situationen, in denen es ihr aber immer gelungen ist, die Erwachsenen dennoch zu überreden, sie mitzunehmen. Ohne den pädagogischen Zeigefinger gegen die Erwachsenen zu richten, führt die Autorin vor, wie wichtig es ist, die Kinder am Prozess zu beteiligen. Aber Marie findet zunächst auch ohne die Erwachsenen ihren Weg mit der Verwirrung umzugehen. Sie kommt ihrem Opa Max bei einem Besuch in seinem Atelier noch einmal ganz nahe. Und auf jeden Fall hat Kater Kasimir für sie Zeit und tröstet sie.
Der Verlag hat das Buch mit zwei Malfolien und einem weißem Stift ausgestattet, so dass Kinder Maries Experimente gleich selbst ausprobieren und tätig werden können, um Trauer zu verarbeiten. Fast möchte man sagen: Wie schade, dass es sich hier um ein Buch über Tod und Abschiednehmen handelt und nicht jedes Kind aufgerufen ist, Opa Max‘ und Maries Kunstexperimente nachzuvollziehen. Das Buch ist im Verlag Klett-Kallmeyer erschienen und kostet 16,95 Euro.