Belletristik

Alexander Osang: Berlin – New York

Seit Nachwendezeiten hat der Name Alexander Osang einen Klang, der zeitgenössische Publizistik auch wieder in den Bereich des Literarischen hebt. Ausdruck dafür ist nicht zuletzt der Egon Erwin Kisch-Preis, der Osang dreimal verliehen wurde. Obwohl Osang Erzählungen und einen Roman veröffentlicht hat und 1999 als Reporter für den „Spiegel“ nach New York ging, sind es wahrscheinlich seine in der „Berliner Zeitung“ erschienen Kolumnen und Weihnachtserzählungen, die ihn berühmt gemacht haben. Der Christoph Links Verlag hat diese zwischen September 2001 und Juni 2004 erschienen Kolumnen jetzt in einem kleinen Band „Berlin – New York“ herausgegeben.

In dieser Sammlung zeigt Osang die vielen Seiten seiner Persönlichkeit, lässt sich aber nicht auf eine Seite festlegen. Dadurch behält er jeder Zeit seine Frische und Originalität. Obwohl er als Journalist durch die ganze Welt geschickt wird und New York zu seiner Wahlheimat macht, ist der Autor gerade auch damit sympathisch, dass er Widersprüche ironisch hinterfragt: „Noch vor kurzem rief man mich an, wenn es ein Jubiläum des Mauerfalls gab, aber weil ich jetzt in Brooklyn lebe, galt ich in Ribnitz-Damgarten als Nahost-Experte.“ Solche Expertenrolle kann Osang nur belächeln. Das tut dem Leser gut. Es macht Mut. Es klingt fast ein wenig so als könnte Osang sagen: ‚Auch aus dir kann noch ein Experte werden, wenn es der Zufall will.’ Denn normalerweise müssten wir beeindruckt sein von dem 1962 geborenen Ostdeutschen, der vom Spiegel nach New York geschickt wird. Osang beruhigt uns. Er lässt uns Amerika und Japan belächeln. Und wenn man schon mal eben nicht dorthin jetten kann, dann tut es gut, über die beeindruckende weite Welt zu lächeln. Osang hält den Lauf dieser Welt nicht auf – er hält ihn fest. Und das treffsicher wie kein Zweiter.

„Berlin – New York“ ist eine Textsammlung, die man in einem Zug verschlingen kann und möchte, die sich aber auch für Leser eignet, die die Lektüre zeitweilig unterbrechen müssen. Egon Erwin Kisch-Freunde kommen genauso auf ihre Kosten wie Liebhaber trockenen Humors und fast surrealer Bilder.