Mai Thi Nguyen-Kim: Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit
Ihre Stimme war in den letzten Jahren schon zu hören. Aber so „richtig“ vernehmbar wird für Rezensenten eine Stimme erst, wenn ein Buch quasi als Resonanzraum dahintersteht. Mai Thi Nguyen- Kim ist jetzt sogar mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden, denn sie macht Wissenschaft verständlich. Vielleicht ist Ranga Yogeshwar eines ihrer Vorbilder, zumindest führt ihr Mann vor ihrem Vater den an, als sich Mai Thi entschließt, ein Jobangebot als Laborleiterin von BASF abzulehnen. In Mai-Lab ihrem Youtube-Kanal begann sie mitzureden und in ihrem Buch „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit – Die größten Streitfragen wissenschaftlich geprüft“ führt sie durch die aktuellen Streitthemen, die auf jeder Party durchgesprochen werden. Dabei legt sie ihr Buch so an, dass sie neben dem Faktencheck auch Informationen zu wissenschaftlichen Vorgehen offeriert, auf die sie in anderen Kapiteln ihres Buches verweist.
Welchen Themen widmet sich „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“? – Das sind:
– Legalisierung von Drogen
– Videospiele und Gewalt
– Unterschiede zwischen Männern und Frauen
– Big Pharma versus alternativer Medizin
– Impfungen
– Erblichkeit von Intelligenz
– und die ethnische Verträglichkeit von Tierversuchen.
Man muss zugeben: Da fehlt nichts. Und gerade das Thema Impfung ist mit der Corona.-Krise ja durch die Decke geschossen. Sie entlarvt Denkfehler. Die Corona-Impfung ist per status quo (das kann noch nicht die Langzeitwirkungen betreffen) tatsächlich eine der am besten getesteten Impfungen überhaupt. Aber sie vergleicht die Impfung mit dem Sicherheitsgurt im Auto. „Man meint immer, wenn ich nichts mache passiert auch nichts… Aber Corona wird durchlaufen.“
Sie mischt ihre Darstellungen durch Grafiken und Studien auf und erklärt auch, weshalb sie grade diese auswählt. Zu jedem Kapitel gibt es ausführliche Quellenverzeichnisse. Besonders erfreulich aber ist der erfrischende Stil, der auch alltagssprachliche Wendungen und das sogenannte denglisch mit einschließt, ohne anbiedernd oder populär zu wirken. Die kluge Themenauswahl und der Stil haben wahrscheinlich mit dazu beigetragen, dass „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“ zum Spiegel-Bestseller wurde. Sie ist beim Verlag Droemer-Knaur für 20,00 Euro erschienen.