Belletristik

Lauren Slater: Erwachsene brauchen Märchen

Lauren Slater ist Psychotherapeutin und Autorin. In diesem Buch vereint sie ihre Ambitionen und bietet dem Leser magische Geschichten an, die helfen können, Konflikte und Alltagsängste zu überwinden. Mit ihrem Titel „Erwachsene brauchen Märchen“ knüpft sie direkt an Bettelheims programmatische Schrift: „Kinder brauchen Märchen“ an. Bereits Bettelheim hat gezeigt, wie Märchen Kindern Mut machen können, sich Entwicklungsproblemen zu stellen. Die magischen Helfer und das gute Ende sind aber auch Ressourcen, aus denen auch Erwachsene Kraft schöpfen können, wenn ihre Probleme sie in einen Teufelskreis geführt haben. Erkannt haben das u.a. die Theoretiker der narrativen Psychotherapie Epston und White, die Patienten ermutigten, frei erfundene Geschichten oder Geschichten zu vorgegebenen Themen zu schreiben. In der Schreibsituation soll der Patient zunächst Abstand gewinnen, um danach wieder zu sich finden zu können. Das Märchen mit seinen Strukturelementen empfindet Lauren Slater als besonders geeignet für die narrative Therapie.

Unter dieser Voraussetzung muss man auch die Geschichten bewerten, die sie ihrem Leser vorlegt. Sie fängt damit Mutter-Tochter-Problematiken, Bindungsängste, lesbische Liebe, das ungleiche Liebespaar, depressive Partner u.a. ein. Dazu nutzt sie sowohl eigene Bilder als auch tradierte Motive wie die des Däumlings oder sogar surreale Bilder wie im „Arm meiner Freundin“. Lauren Slater erzählt weitschweifig, analytisch, gefühlsbetont und lässt Fachbegriffe in den Text einfließen. Insofern sind die Märchen eher etwas für den psychologisch interessierten Leser und weniger etwas für den Märchen- und Literaturfreund. Sie regen den Leser an, auf die Suche nach dem eigenen Selbst zu gehen und sich vielleicht zunächst schreibend den eigenen Problemen zu stellen.