Joyce Carol Oates: Beim Schreiben allein
Joyce Carol Oates Romane und Erzählungen für Erwachsene sowie die zuletzt im Hanser-Jugendbuch erschienen Krimis gehören seit Jahrzehnten zum besten, was die moderne amerikanische Literatur zu bieten hat. Umso gespannter darf man auf die Essays und Interviews sein, die jetzt als deutsche Erstausgabe unter dem Titel „Beim Schreiben allein“ im Autorenhaus Verlag erschienen sind.
Oates, die an den amerikanischen Unis auch Schreiben lehrt, wendet sich den für Autoren interessanten Prozessen der Inspiration, der Selbstkritik, dem Balanceakt zwischen Kunst und Handwerk und dem Scheitern zu. Sie formuliert ein den eigenen Standpunkt des schreibenden Lesers herausforderndes Glaubensbekenntnis für ihr Schreiben und wie andere vor ihr einen Brief an junge Autoren. In weniger gewichtigen Kapiteln schreibt sie über ihre Schule, die erste Liebe oder das Arbeitszimmer des Autors. Ihre Essays zeigen an vielen Stellen den „Mut zur Lücke“, der bei reinen Literaturwissenschaftlern eher selten ist. Oates nennt unzählige Kollegen (vor allem der amerikanischen Literatur) und führt an, wie sie sich inspirierten oder was sie vom Überarbeiten des eigenen Werks hielten und spart dabei nicht an direkten Zitaten. Erfreulich intensiver analysiert sie die kurzen Erzählungen von Tschechow (Die Dame mit dem Hündchen) und Hemingway (Hügel wie weiße Elefanten).
„Beim Schreiben allein“ hält zwar nicht, was der Klappentext verspricht (zu zeigen, wie man eine Geschichte zu etwas Außergewöhnlichem macht), ist aber vor allem für diejenigen, die die Autorin selbst schätzen eine sehr persönliche Essay-Sammlung und für Autoren eine inspirierende Zitate-Quelle über das Schreiben und Leben.