Hans-Michael Schulze: Das Pankower „Städtchen“: Ein historischer Rundgang
Die Zeiten, in denen Udo Lindenberg den Sonderzug nach Pankow herbeigesehnt hat, sind Geschichte. Und seit dem Umzug der DDR-Regierungsmitglieder nach Wandlitz droht auch die Geschichte um das Pankower „Städtchen“ am Majakowskiring in Vergessenheit zu geraten. Gemeint sind die Villen rund um das inzwischen finanzkräftig restaurierte Schloss Niederschönhausen. Wer sich von ihm angezogen fühlt, kann Hans-Michael Schulzes kleinen, hochformatigen Reiseführer aus dem Christoph Links Verlag ebenso zur Hand nehmen wie Einheimische und Touristen, die der DDR-Geschichte 20 Jahre nach dem Mauerfall nachspüren wollen.
In den 50-iger Jahren war Pankow wie später Wandlitz Synonym für einen streng überwachten privaten Bereich der DDR-Führungselite. Noch gesteuert durch die sowjetische Besatzungsmacht wurde 1950 aus der Kronprinzen- und Kaiserin-Augusta-Straße der Majakowskiring. Fast schon sarkastisch kann man die Umbenennung der Friedrich Wilhelm Straße in Stille Straße empfinden, war es doch eine Stille, die durch Mauer, Wachschutz und Schlagbäume entstand. Andererseits war es genauso charakteristisch für DDR-Verhältnisse jener Zeit, dass ein bestellter Handwerker den ehemaligen Innenminister Karl Maron, in seiner Villa in Kittelschürze an der Waschmaschine antreffen konnte, wobei der auffälligste Unterschied darin bestand, dass Maron seine Waschmaschine mit Persil füllte.
Hans-Michael Schulze (1967) studierte Kunstgeschichte an der TU Berlin und jobbte als Stadtführer. Unterstützt durch das Bezirksamt Pankow, setzte er sich intensiv mit der politischen Vergangenheit des Stadtbezirks auseinander. Im be.bra-Verlag sind von ihm bereits „In den Wohnzimmern der Macht“, „In den Villen der Agenten“ oder „Karlshorst im Wandel der Geschichte“ erschienen. Nun präsentiert er einen historischen Rundgang durch das Pankower Städtchen auf knapp 100 Seiten im Christoph Links Verlag. Vor allem die historischen und aktuellen Fotos machen den schmalen Band betrachtenswert und rufen Erinnerungen wach. Dort, wo es möglich war, verweist der Autor auch auf den Wandel der Besitzverhältnisse wie z.B. auf die Schauspielerin, die ihre Texte jetzt in Otto Grotewohls Haus lernt.
Der Reiseführer kostet 12,90 Euro und ist im Buchhandel erhältlich.