Belletristik

Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues

Dieses Buch hat mich vom ersten Satz an erschüttert.

Der Autor verarbeitet seine Erlebnisse im 1. Weltkrieg an der Westfront. Als 18jähriger meldet er sich mit seinen Klassenkameraden freiwillig an die Front. Tagelang vorher bearbeitet dafür der Lehrer Kantorek seine Schüler erfolgreich mit Helden- und Vaterlandsparolen Es gibt in Deutschland viele Kantoreks!

10 Wochen werden diese Jungen im Kasernenhof für den Kampf gedrillt. Dabei zeigen brutale Unteroffiziere – wie Himmelstoß – ihre Macht

Nachdem diese neuen Soldaten perfekt Knöpfe blank putzen und den Fußboden mit der Zahnbürste scheuern können, geht es an die Front.

Schützengraben im Stellungskrieg, Granatengeheul, Gas- und Feuerangriff, Granatentrichter, Hunger, Wassermangel, Ratten und Läuse lassen den Traum vom Heldentum vergessen.

Die Angst beherrscht alle. Erst ängstigt man sich um die Kameraden. Paul Bäumen, das ist der „Ich–Erzähler“, der den Leser durch das Buch führt, sieht auf dem freien Feld seinen blindgeschossenen Schulkameraden umhertaumeln und um Hilfe rufen, bis er vom Feind getroffen, zusammensinkt.

Der Autor benutzt eine deutliche Sprache. Dadurch ist der Leser mitten im Geschehen. Die Dialoge sind treffend geführt. So werden die Personen gut charakterisiert: Kat mit dem sechsten Sinn, der 30jährige Schuhmacher, kümmert sich um seine jungen Kameraden. Er horcht im aufkommenden Geschützlärm mehr und sagt lakonisch: „Diese Nacht gibt es Kattun“.

Der Krieg wird härter und die Todesangst gewinnt Oberhand. Im Granatentrichter sehen die jungen Soldaten beim Gasangriff Kameraden krepieren, weil sie ihre Gasmasken abreißen.

Keiner fragt danach, wie sie damit fertig werden.

Sie helfen sich selber: Trotz aller Grausamkeiten an der Front, handeln sie menschlich: Nach zwei Jahren erscheinen im Schützengraben die nun neuen 18jährigen Jungen als Nachschub. Die Gruppe um Kat versucht, den ahnungslosen „Kindern“ Überlebensratschläge zu geben.

Paul Bäumer bringt aus dem Heimaturlaub von seiner Mutter selbst gebratene Kartoffelpuffer für die Front mit. Unterwegs drückt er sich am Lager der russischen Kriegsgefangenen vorbei. Er sieht die ausgemergelten Hände durch das Gitter greifen, hält an und verschenkt zwei der kostbaren Puffer.

Über diese Situationen hinaus gehen die Zeichen der Kameradschaft, die bei den Soldaten unter Lebensgefahr geleistet werden.

So wie im letzten Teil des Romans als Paul den schwer verletzt sterbenden Kat unter großer Kraftanstrengung kilometerweit aus der Kampfzone zum Sanitätsplatz schleppt.

Erich Maria Remarque schrieb diesen Roman 1929. Er wird zuerst im Ullsteinverlag gedruckt. Eine Auflagenhöhe von über 800.000 verschafft ihm den literarischen Durchbruch. Er geht 1939 in die USA, wo er 1970 stirbt.

Warum ist dieses Buch heute noch aktuell?

Weil es auch heute in vielen Ländern der Welt Kriege von unvorstellbarer Brutalität gibt. Sie werden mit modernsten Waffen wie Streu- und Atombomben geführt. Sogar Kinder werden als Soldaten missbraucht. Neben den Kämpfenden leiden Zivilisten und Kinder.

Wir nehmen das kaum mehr zur Kenntnis oder sind froh, dass es nicht gerade uns betrifft.

Aber es geht uns alle und immer an!

Stephane Hessell ruft uns auf: „Empört Euch! Engagiert Euch!“