Belletristik

Tom Wolf: Der Bierkrieg

In seinem zweiten Hanse-Krimi schickt der Autor Tom Wolf seine Leser nach Salzwedel ins ausgehende Mittelalter. Dort hatte der junge Brauerssohn Niklas Soltmann schon zu lange unter seinem Vater, dem Braumeister Kristof Soltmann zu leiden. Stark behindert mochte der Alte seinen Platz nicht räumen bis zu jenem Unglück in der Gewitternacht 1476, das ihn das Leben kostete und seine Leiche auf merkwürdige Weise verschwinden ließ…Danach nimmt das Leben seinen Lauf. Niklas Soltmann übernimmt die Brauerei und den Kampf gegen den Konkurrenten im Ort: Merin. Was nicht über das Bier ausgetragen werden kann, dafür wird bereits im Mittelalter versucht, Rassegesetze zu erlassen. Wer ist tatsächlich deutsch, wer wendisch? Und dann holen zwölf Jahre später doch noch die ungeklärten Todesumstände seines Vaters den Sohn ein: Er erhält die Anklageschrift eines Feme-Gerichts. Neue Hinweise seien aufgetaucht, die ihn als Vatermörder erscheinen lassen sollen. Aber ebenso unerklärlich wie der Tod des Vaters ist diese Anklage. Das Feme-Gericht existiert eigentlich nicht mehr. Wer hatte Zugang zu den Archiven und konnte also dieses Schreiben so täuschend echt fälschen? Niklas will sowohl das ererbte Geschäft aufrecht erhalten, als auch die Vorwürfe aus dem Weg räumen.

Ebenso an der Aufklärung der Tat und der gefälschten Vorwürfe interessiert sind der Kurfürst und der Bischof. Beide entsenden ihre ungleichen Gesandten nach Salzwedel, um dem Verschwinden des alten Brauers nachzugehen, die Markpositionen der Konkurrenten Soltmann und Merin zu ermittteln und ihre Aussichten zur Erhebung einer Biersteuer zu prüfen. Noch bevor der Fall abgeschlossen ist, bricht ein Aufruhr in und um Salzwedel aus. Man vermutet in Niklas Soltmann nun nicht nur den Vatermörder, sondern ihn auch noch im Bunde mit Kirche und Kurfürst, die die Steuern für das geliebte Bier erhöhen. Kann das Merin schließlich zum Durchbruch verhelfen?

Tom Wolf spickt seinen neuen Krimi nicht mit so vielen Leichen wie „Die Bestie im Turm“. Dafür nutzt er das in modernen Krimis beliebte Detektivgespann, das er ins Mittelalter verlegt. Der kirchliche Vullo und sein adliger Gegenspieler Waldenfels tun sich wohl oder übel zusammen, um ihren Auftrag möglichst schnell zu erledigen. Sie spielen einander die Rätsel und ihre Lösungen zu und sehen über die Eigentümlichkeiten des anderen humorvoll hinweg.

Wolf gelingt es wie bei der „Bestie im Turm“, seine Leser in Spannung zu versetzen und gleichzeitig das ausgehende Mittelalter historisch solide zu schildern. Er verquickt die Nebenhandlungen von verhinderter Liebe und verstoßenen Kranken ebenso geschickt mit der Haupthandlung wie mit den historischen Ereignissen. Und für den, der letztere noch einmal knapp im Zusammenhang erfahren möchte, finden sich Anmerkungen am Ende des Buches.

„Der Bierkrieg“ und „Die Bestie im Turm“ lassen uns gespannt zurück, womit der Autor im hoffentlich bald erscheinenden nächsten Buch seine Leser ködern wird.