Stefan Gemmel / Uwe Zissener: Befreiungsschlag
Im Mittelpunkt des Romans steht der 17jährige Maik, der bei seiner allein erziehenden Mutter lebt. Mehr oder weniger regelmäßig besucht er eine Berufsfördermaßnahme, auf der er sich langweilt oder mit Attesten einen freien Tag verschafft. Seit dem Ausgang seiner Grundschulzeit ist Maik immer wieder in Schlägereien verwickelt, die seine Mutter verzweifeln lassen. Bisher blieben sie folgenlos. Doch nach dem letzten Gewaltausbruch gegen einen ehemaligen Mitschüler wird Maik zu einer Bewährungsstrafe mit Anti-Gewalt-Training (AGT) verurteilt, um nicht in den Knast zu kommen. Maik ist überzeugt: das wird wieder so ein Psychologengeschwätz, das er über Wochen ertragen muss. Aber die Trainer Katzner und Maus finden Zugang zu den meisten der „schweren Jungs“, konfrontieren sie gekonnt mit ihren Schwächen und Stärken, so dass die vier Stunden am Donntagsabend für einige von ihnen zu einem festen Anlaufpunkt werden. Ein Höhepunkt der besonderen Art ist die Begegnung mit Insassen der Strafanstalt, harten Männern, die im Knast selbst ein AGT durchmachen und die Jugendlichen warnen, die Ratschläge der Therapeuten zu missachten und sich die Freiheit nehmen zu lassen.
Stefan Gemmel gehört zu den erfolgreichsten Jugendbuchautoren, Uwe Zissener ist Diplom-Sozialpädagoge und selbst AGT-Trainer. Beide durften die Teilnehmer eines AGT über mehrere Monate besuchen und zeigen in ihrem Roman ehrlich die Chancen und Grenzen dieser Maßnahme. Etwa die Hälfte der Teilnehmer bricht das Training aus unterschiedlichen Gründen ab. Umso spannender ist es den Weg von Maik und seinem Freund Andy zu verfolgen, die es erfolgreich bestehen und im Schlusskapitel zeigen, dass sie nicht nur den „Heißen Stuhl“ im Training aushalten, sondern auch die Konfrontation in der Realität. Endlich kann Maik mit seiner Mutter und seiner neuen Freundin über Gefühle sprechen und sich von alten Verstrickungen befreien.
Auch wenn vielleicht manche Stelle und das Endkapitel etwas didaktisch angelegt sind, ist Stefan Gemmel und Uwe Zissener ein sehr lesenswertes Buch zum Thema Jugendkriminalität und –gewalt gelungen, das vielleicht weniger die Betroffenen selbst lesen werden, als Menschen, die sich die Frage stellen, was Jugendliche an diesen Punkt führt und welche Verantwortung Schule und Elternhaus haben.
„Befreiungsschlag“ (978-3-401-50952-5) ist im Arena Jugendbuchprogramm erschienen und für 9,99 Euro überall im Handel erhältlich.