Manfred Mai: Geschichte der deutschen Literatur

Egal ob Schüler oder älteres Semester: wer sich mit Literatur beschäftigt, kommt um den Bereich der Literaturgeschichte nicht herum. Ein Angebot dazu liefert der Verlag Beltz &Gelberg in seiner Gulliver-Taschenbuchreihe. Er lässt sie von Manfred Mai (geb. 1949) erzählen, der auf dem Kinderbuchmarkt sowohl mit eigenen Texten als auch mit der Zusammenstellung von Anthologien vertraut ist. Er nimmt für sich bereits im Vorwort in Anspruch, sich nur den Texten zuzuwenden, deren Qualität sich durch die Jahrhunderte bestätigt hat und die in ihrer Entstehung typisch sind für die Zeit, aus der sie stammen. Dabei bedauert er, dass gerade aus der deutschen Gegenwartsliteratur eine Fülle von Texten außen vor bleiben muss.

So weit, so gut. Mai schlägt seinen Bogen von den Merseburger Zaubersprüchen, durchs Rittertum, verfolgt die Debatten um die Literatur der Aufklärung und die Höhepunkte von Klassik und Romantik bis an die gegenwärtige Grenze zwischen Literatur und Popp. Es gelingt ihm prägnant Autoren und ihre Positionen zu zitieren und vor allem bekannte Textpassagen (rot hervorgehoben) darzubieten.

Die bürgerliche Sicht auf Literaturgeschichte wird vom Herausgeber sicher bedient, unberücksichtigt bleiben allerdings Autoren wie Georg Büchner. Und auch in Bezug auf die Geschichte der Literatur der DDR wirkt Mai im besten Fall unsensibel. Sie lässt sich eben nicht auf die Emigranten mit ihrer Exilliteratur, Christa Wolf und Ulrich Plenzdorf reduzieren. Und schon gar nicht einfach nur – Demokratieverständnis hin oder her – mit „fehlender Freiheit“ erklären. Folgerichtig stutzt der geschulte Leser dann auch, wenn mit Beginn der gesamtdeutschen Einheit ausgerecht Volker Braun mit seinem dialektischen Gedicht „Das Eigentum“ präsentiert wird: (…Krieg den Hütten, Friede den Palästen…“)