Hervé Jaouen: Pardon, Monsieur, ist dieser Hund blind?
Die Kinder- und Jugendbücher zum Thema Demenz oder Alzheimer lassen sich an einer Hand abzählen. Im Verlag Urachhaus liegt im Frühjahrsprogramm nun eine Übersetzung aus dem Französischen vor. Familien, die sich verstanden fühlen wollen und Sinn für Alltagskomik haben, werden sich über dieses eher stille Buch freuen, das aus der Sicht der 13-jährigen Véro erzählt wird.
Als ihre Oma um ein Haar fast ihr altes Fachwerkhaus abbrennt, ist für die Familie klar, Oma braucht Betreuung. Im Gegensatz zur Familie von ihrer Tante Katha kommt es für Véros Familie nicht in Frage, Omama ins Heim zu geben. Sie nehmen die feine, alte Dame zu sich, die sich bisher so rührend um ihre Obstbäume und Rosen gekümmert hat. Während Kathas Familienzweig mehr auf den Verkauf des Hauses spekuliert, „erbt“ Véro einen geheimnisvollen Koffer, aus dem sie viel über das Leben ihrer Oma im und nach dem Krieg erfährt. Doch die Familie muss auch erleben, dass die Betreuung von Omama sie vor große Probleme stellt. Fast jede Nacht ruft Omama nach ihrer verlorenen Brosche und als Véros Mutter endlich einen schwierigen Roman übersetzt hat, drückt Omama die Löschtaste.
Hervé Jaouen schildert das Ende eines Lebens, in dem Gegenwart und Vergangenheit in eins fallen. Mit viel Humor zeigt er, was Familienleben aushalten kann, wenn nur jeder seinen Teil dazu beizutragen bereit ist.
Bei Jugendlichen ohne den entsprechenden Erfahrungshintergrund – oder Leidensdruck – wird es dieses Buch ohne eine auf einem deutlichen Konflikt aufgebaute Handlung jedoch schwer haben. „Pardon, Monsieur, ist dieser Hund blind?“ ist für 14,90 Euro seit März 2013 im Buchhandel erhältlich.