Hans Berner / Rudolf Isler: Immer noch Lehrer!
Lehrer beeinflussen den Lebensweg vieler Menschen. Nicht zuletzt deshalb entzündet sich um ihre Person oft heftiger Streit. Immer wieder wurde dabei das Lehrerbild in den Medien negativ gefärbt. Dieses Buch versammelt unzählige Lehrerportraits und einzelne Essays, die zeigen, was positive Lehrerpersönlichkeiten ausmacht. Zugleich wird deutlich, in welchem Spannungsfeld Lehrer wirken und welchen Belastungen sie ausgesetzt sind.
„Immer noch Lehrer“ ist ein Satzfragment, das man resigniert aussprechen könnte, das manchen Lehrern von ihren Schulkameraden nach langen Jahren als Frage entgegen geworden wird – in diesem Buch aber ist es vor allem ein Satz, den die Portraitierten stolz ausrufen. Immer noch finden sie ihren Beruf spannend, entdecken sie Neues, entwickeln sie sich. Allen Widerständen zum Trotz. Spannend wird das im Schweizer Hauptverlag erschienene Buch übrigens auch dadurch, dass die meisten Lehrerportraits keine gradlinigen Lebensläufe zeigen. Als Lehrer versteht sich zum Beispiel Ernst Mühlmann, der auch als Politiker mit Gorbatschow und Putin verhandeln musste und jetzt Seminarlehrer einer Schweizer Bankgesellschaft ist, als Lehrer versteht sich der Fußballtrainer Ottmar Hitzfeld oder Samuel Brunner, der nach 12 Jahren Cello-Karriere Sekundarlehrer wurde und viele andere. Sie und die anderen bringen in den Lehrerberuf interdisziplinäre Sichtweisen ein. Im Gegensatz dazu betont der Essay von Rudolf Issler trotzdem das Konventionelle der Lebensläufe, beschreibt er Lehrer als kreativ und individualisiert. Ist das alles auch in Deutschland so, fragt man sich beim Lesen automatisch und gerät so in einen inneren Dialog mit dem vorgestellten. Vor allem bei so erlebnisbetonten und schülerorientierten Berichten wie dem von Franziska Bischofsberger, die benachteiligte Migranten unterricht oder Marietta Müller, die die Dauerhaftigkeit ihres Berufsinteresses hinterfragt. Ebenfalls sehr lesenswert ist das Portrait eines Noch-Nicht-Lehrers, des Jugendlichen Heverton Souza, der erst seit zwei Jahren in der Schweiz lebt, aus Brasilien gekommen ist und die Schweizer Schule mit seinen brasilianischen Erfahrungen vergleicht und zum Schluss kommt, in der Schweiz Lehrer werden zu wollen. Eine Art „Ausreißer-Portrait“ ist das von der Slam Poetin Lara Stoll, die zwar eine pädagogische Ausbildung begonnen hat, den Beruf allerdings nicht ergreifen will, aber die Diskussion mit Schülern liebt.
„Immer noch Lehrer“ ist ein Buch für alle, die sich fernab von Klischees mit dem Beruf auseinandersetzen wollen und der Schule ein neues Gesicht zu geben bereit sind. Es regt an, unkonventionelle Wege zu finden oder konventionelle Wege gut zu gehen.