Belletristik

Elisabeth Plessen: Lina

Jahr für Jahr fahren die Erzählerin und ihr Mann Paul zum Urlaub in ein kleines Dorf in der Toskana. Über die Zeit haben sie dort Lina und ihren Mann Ettore kennen gelernt, die bald an die achtzig Jahre alt sind.

Die Autorin Elisabeth Plessen schildert in ihrer einfühlsamen Erzählung „Lina“ wie die Heldin mit ihrem eigenem Alter und der Krankheit ihres Mannes umgeht. Unsere derzeit gängigen Begriffe wie wohlverdienter Ruhestand, Rente, Generationenkonflikt oder Pflegeheim haben in diesem Buch keinen Raum.

Als ihr Mann in die Stadt ins Krankenhaus muss, begleitet Lina ihn natürlich und wagt es über zehn Tage nicht, von seinem Bett zu weichen. Dabei genügt ihr der Stuhl neben seinem Bett. Aus solchen kleinen Episoden gewinnt die Erzählung ihre Stärke. Ebenso wie aus den bittersüßen Momenten um den Zuchthahn Chicco, der nach dem Tod des Mannes zum Hausdrachen wird. Doch bei aller Unzufriedenheit mit seinem aggressiven Verhalten ist Linas Achtung vor dem Leben zu groß, um ihn umzubringen.

Elisabeth Plessens unsentimentale Schilderungen zeigen ein arbeitsreiches Lebensende auf. Die Erzählerin begibt sich mit ihrer Schilderung in einen Dialog mit ihrer Hauptheldin, der Fragen nach dem Sinn des Lebens aufwirft. Dieser Dialog ist so eindringlich, dass es gelingt, den Leser in das Gespräch einzubeziehen. Dafür überliest man gern die wenigen Stellen, in denen sich psychologische Fachtermini und Spekulationen hineindrängen.

Eine Erzählung für alle, die literarische Porträts und die leise Töne lieben.