Christine Haiden / Petra Rainer: Trotzdem – Menschen mit besonderem Lebensmut

Bereits im Oktober 2009 hat der Residenz-Verlag ein besonders reiches Buch mit Portraits sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten herausgegeben, denen allen etwas gemeinsam ist: Sie konnten ihr Leben nicht planen, weil sie durch einen Schicksalsschlag für längere oder kürzere Zeit aus der Bahn geworfen wurden. Bei den Portraitierten handelt es sich sowohl um Personen des öffentlichen Lebens, einige allerdings eher den Österreichern gut bekannt, wie auch um Privatpersonen. Für die deutschen Leser wird das Portrait von Kathrin Schmidt von besonderem Interesse sein, die für die literarische Verarbeitung ihrer Krankheitsgeschichte „Du stirbst nicht“ den deutschen Buchpreis erhielt. Wie in weiser Voraussicht haben die Herausgeber auch ihr Portrait ins Buch eingebunden.

In den meisten der 20 dargestellten Lebensgeschichten traf die Dargestellten in der Mitte oder im letzten Drittel ihres Lebens eine unerwartete Krankheit selbst oder ihre Angehörigen. Das Buch erzählt aber auch die Geschichte von Jugendlichen, die ihren sportlichen Zielen nachgingen, die sich unmittelbar in Luft aufzulösen schienen. Allen gemeinsam ist, dass sie betonen, wie wichtig sie Familie und Freunde erlebten, um ihr Leben neu zu ordnen. In einem Fall entstehen im Band auch direkt intertextuelle Bezüge zwischen dem Jugendlichen Max Rechenmacher (14), der am liebsten Trompete studieren würde und Radrennen fährt und Thomas Geierspichler (33), seinem Idol, das Rennrollstuhl fährt.

Christine Haiden erweist sich als eine sensible Interviewerin, deren direkte Fragen nie entblößen wollen, sondern Interesse ebenso wie Verständnis bekunden. Dadurch öffnen sich ihre Gesprächspartner uns als Lesern und zeigen, dass ein plötzliches Ereignis im Alltag für neue Prioritäten sorgt. Einige der Befragten bekennen, mit dem Schicksal oder Gott deswegen zu hadern. Für andere hat diese Auseinandersetzung an Bedeutung verloren, weil es ihnen „Trotzdem“ gelungen ist, ihr Leben anzunehmen.

Petra Rainer begleitet jedes Interview mit fotografischen Portraits der Personen und ihrem Umfeld.

Beiden ist ein Buch gelungen, das uns in unserem Alltag innehalten lassen kann, um nachzusinnen, ob wir unsere Balance gefunden und unsere Schwerpunkte richtig gesetzt haben, das uns die Augen öffnet für die Last, die wir – vielleicht nur noch nicht – nicht tragen müssen und das uns ein wenig dankbarer zurücklassen kann.