Andreas Thalmayr: Lyrik nervt

Vor Jahren war es noch ein Geheimtipp und zumindest in der ehemaligen DDR nur unter dem Ladentisch zu haben, inzwischen ist es ein Standardwerk für Lyrikfreunde: „Das Wasserzeichen der Poesie“ von Andreas Thalmayr, hinter dem sich kein anderer als Hans Magnus Enzensberger verbirgt.

Nun hat dieses Buch seinen Nachfolger gefunden. Unter dem provokanten Titel „Lyrik nervt“ möchte es gestressten Lesern „Erste Hilfe“ leisten.

Thalmeyr gelingt das wie keinem anderen, denn er beginnt seine Erläuterungen dort, wo er jeden Leser mit ins Boot nehmen kann: Abzählverse und Kinderreime kennt jeder. Mit ihnen konnte man umgehen, ohne an Lyrik zu verzweifeln. Man erlebte Rhythmus und Sprachspiel und integrierte es in den Alltag ohne Angst davor zu haben, daran zu scheitern. Darum ist Thalmayr zuversichtlich, dass man auch als Schüler Zugang zur Lyrik finden kann. Das gelingt umso leichter, da er nicht nur die im Schulchanon üblicherweise integrierten Dichter zitiert, sondern auch Rock- und Popsongs anspricht. Außerdem setzt er sich nicht nur mit der über Jahrhunderte für Wert befundenen Lyrik auseinander, sondern zitiert auch verunglückte Texte aller Jahrzehnte, um deutlich Poetisches von Unpoetischem zu unterschieden.

Im Mittelpunkt stehen in „Lyrik nervt“ immer die fast schon signalrot hervorgehobenen Texte. Thalmayr lässt vor allem sie in einen Dialog untereinander und mit dem Leser treten und beschränkt seine eigenen Ausführungen dabei auf das Allernötigste. Dadurch wird der Band zu einem unverzichtbarem Bestandteil in allen Lyrikregalen von der privaten Bibliothek bis hin zur Schulbücherei.