Albert Lichanow: Kikimora
Was ist ein / eine Kikimora? Ursprünglich ist es ein russischer Poltergeist. In diesem Buch ist eine Flasche voll Grammophonnadeln mit Quecksilber, die ein Ofenbauer in den Ofen eingelassen hatte. Die Nadeln fangen an zu klirren, wenn der Ofen abkühlt. Damit wollte er den Vater Miron der Familie ärgern, denn er war unfreundlich zu jedermann. Ein enteigneter Kulack, der nur die lammfromme Stute Maschka besaß, mittels derer er sein Brot verdiente, was im Winter besonders mühselig war.
„Jede Zeit hat ihre Grausamkeit. Wenn jedoch in ziemlicher Nähe der Tod wütet, wenn dein Vater von Kugeln und Granatsplittern bedroht wird, wenn dein eigener Körper morgens noch vor dem Erwachen vor eiskalter Angst erstarrt und dir das Herz in der Frühe, bei Tage und am Abendurplötzlich in beklommener Ahnung stillzustehen droht – ist an solchen endlos langen, bedrückenden Tagen sonst noch etwas wichtig?…
Wie schwer wiegt eine Grausamkeit, die mit dem Krieg nichts zu tun hat? … Doch die Alttagsgrausamkeit, die kann und darf es nicht geben.
Besonders dann nicht, wenn du noch Kind bist, erst am Anfang deines Lebens stehst.“ Das ist die Intention, mit der Albert Lichanow einen Rückblick auf seine Kindheit im Großen Vaterländischen Krieg wagt. Dieses Erzählen aus einer deutlichen Intention unterscheidet das Buch von vielen belanglosen Erzählungen heute. Und dass nur 96 schnell zu lesende, aber unter die Haut gehende Seiten für die Erzählung braucht, die die ganze Grausamkeit am Rande des Krieges aufzeigt.
Der Junge ist fasziniert von der Stute des Nachbarn, die unter seinen ungerechtfertigten Peitschenhieben still leidet. Er hebt ihr von seinem Schulbrot auf, begeht auch mal kleine Missetaten, indem er sich einen Zugang zum nachbarschaftlichen Stall verschafft und treibt seinen Schabernack mit Minon, indem er sich mit einem verlängerten Haken an den Schlitten hängt. Allerdings nur bergab, wenn das zusätzliche Gewicht der Stute zuzumuten ist. Abert Lichanow erzählt von einem Kriegswinter in einem kleinen russischen Dorf, in dem der Junge auf die Rückkehr seines Vaters wartet, der auch schließlich kommt. Am Ende, als Student schließt der Erzähler seine Klammer und hat sogar noch Verständnis für den Alten Minon, der ihm fast das Auge ausgerissen hätte für den Jungenscherz: „Die Kränkung, die ihm zugefügt worden war, hatte ihn verhärtet. Er sprach nie darüber, öffnete keinem sein Herz, zwang sich, sie nie und nimmer zu vergessen … So peinigte er sich, seine Tochter, seine Frau, seine Stute, brannte seine Gefühle aus, bis dumpfer Kummer sie geschwärzt hatte, und heulte zuweilen wie ein Wolf. Ach, Onkel Minon. Du hättest mit irgendwem Mitleid haben sollen. Vielleicht wäre das deine Rettung gewesen… Jede Zeit hat ihre Grausamkeit. Hingegen ist Güte zu allen Zeiten gleich.“
Das Buch „Kikimora“ von Albert Lichanow gibt es nur noch gebraucht, dafür aber für einen schmalen Taler. Der Kinderbuchverlag empfiehlt es für Kinder ab 13 Jahren. Aber auch noch Erwachsene werden es mit Begeisterung lesen.