Uli Hannemann: Neulich im Taxi
Fahren Sie Taxi? Wenn ja, dann wissen Sie ja, dass man in diesem „zweitältesten Gewerbe der Welt“ einiges erleben kann. Wenn nicht, dann haben Sie erst recht Grund, Uli Hannemanns Geschichten kurze Geschichten zu lesen und mitzuerleben, was einem als Taxifahrer in Berlin alles blühen kann.
1990 trudeln immer mehr hässliche Briefe von Uli Hannemanns Vermieter bei ihm ein. Dem Erzähler wird klar: er muss zu Geld kommen. Doch das frühe Aufstehen, der geregelte Arbeitsablauf und Straßen mit roten Ampeln sind nichts für ihn. Aber Nachfahrten im Taxi, die in der „Rattenbar“ ausklingen – das trifft eher sein Lebensgefühl. Dabei beleuchtet der Erzähler nicht nur seine Fahrgäste, die mal mit dem Trinkgeld knausern und es mal um sich werfen, vor allem beleuchtet er auch sich selbst oder seine Kollegen. Da ist die Angst vor der ersten Storchenfahrt, der kiffende aber selige Kollege und nicht zu vergessen, natürlich die Runden im Stammlokal und die Sprüche aus der Zentrale. Bei seinen Gästen sind es Leute, wie sie Uli Hannemann schon in seinem ersten Buch „Neulich in Neukölln“ beschrieben hat: die rauchende Mutter, die betrunkene Oma oder der Typ, der mit seinem Krempel nur auf die andere Straßenseite ziehen will, dafür aber ein Taxi bucht.
Hannemann scheut kein Klischee und keine Übertreibung, er wird bitterböse oder surreal – eben so wie das Leben ist. Aber ganz bestimmt nicht wie die hohe Literatur. Wer also Unterhaltung sucht oder sich als Taxifahrer wieder finden will, der ist mit diesem Taschenbuch aus dem Ullstein-Verlag gut beraten.