Belletristik

Alexander Osang: Im nächsten Leben

Inzwischen ist der Weltreisende Osang nicht nur den Ost-Deutschen ein Begriff. Für den einen oder anderen seiner Landsleute ergab sich vielleicht ein Bruch als er seine Reportagen oder Kolumnen aus Amerika z.B. in der Berliner Zeitung veröffentlichte. Es war nicht mehr derselbe Erfahrungshintergrund, der ihn immer mit seinen Lesern verbunden hatte. Dieser findet sich aber unbedingt in seinen gesammelten Reportagen „Im nächsten Leben“, die im Christoph Links Verlag erschienen sind.

„Im nächsten Leben“ – das klingt so verheißungsvoll und doch ist es dasselbe Leben, das sich vielleicht nur vor einer anderen Kulisse abspielt. Die Agierenden haben genauso viel Mut oder Angst wie immer in ihnen steckt, nur die Zeiten haben sich gewandelt. Träume wie die einer individuellen Schule verwirklichen sich in Friedrichshagen und zerplatzen im nächsten Moment, um vielleicht noch einmal in Rostock aufzuleben.

Egal, ob es um die Waldorfschuleltern, nach Thailand ausgewanderte Rentner oder Künstler wie Ulrich Mühe und Politiker wie Angela Merkel geht: Osang weiß, woher sie kommen und hinterfragt ihren Weg. Und er widmet sich ihnen mit demselben Einfühlungsvermögen und demselben ernst.

Die Kraft seiner Reportagen sprudelt aus zwei Quellen: Seine Sympathie für kleine und große Persönlichkeiten und dem Bekenntnis zu eigenen Haltungen. Als Rentner in Thailand alt werden, Kriegsveteran sein – das ist nichts, was mit dem Autor der Reportagen zu tun hat, aber den Traum dahinter kann er verstehen und leise die Brüche zeigen, die entstanden sind. Alexander Osang gelingt es, dem Leben das Authentische zu lassen, seine Reportagen trotzdem kunstvoll zu organisieren und den Leser mit Fragen reich beschert auf den Weg zu sich selbst zu schicken.

„Im nächsten Leben“ von Alexander Osang werden viele für das eigene Regal kaufen, ist aber genauso ein Geschenk für Freunde, mit denen man schon ein gutes Stück Weg durch die gesamtdeutsche Wirklichkeit gestapft ist, um immer wieder neu aufzubrechen.